Andri und ich sitzen in unserem umgebauten Fiat Ducato, der für die nächsten Monate unser Zuhause sein wird. Egal wohin ich blicke, alles hier drin haben wir erschaffen. Es erfüllt mich zugegebenermassen mit Stolz, aber auch Erschöpfung. Fühlen sich so frischgebackene Eltern?
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Wie alles begann…
Ein kompletter Van-Ausbau in wenigen Wochen? Unmöglich, wenn man den kritischen Stimmen aus unserem Umfeld glauben möchte. Und jetzt, sechs Wochen nach dem Start, ist unser Camper fertig und wir (fast) bereit für die weite Reise gen Osten. Aber eins nach dem anderen: Die Idee für eine Van-Reise entstand vor gar nicht langer Zeit. Wir hatten die Möglichkeit, ein ungenutztes Expeditionsfahrzeug für wenig Geld zu kaufen. Das Auto schrie förmlich nach Abenteuer, aber damit wären auch einige Hürden gekommen: Mit knapp 6 t hätten wir die Lastwagenprüfung gebraucht, man hätte uns nicht einfach so irgendwo abschleppen können und das Mobil hätte einiges an Revisionsarbeit benötigt. Die Idee war relativ schnell verworfen, aber der neue Wunsch, nicht nur mit Rucksack zu verreisen, blieb. Und so veränderte sich auch die Reisekonstellation und -planung: Zu zweit von der Schweiz in die Mongolei.
Wir klapperten die halbe Schweiz ab und besichtigten Camper – mal ausgebaut, mal leer. Was sie alle gemeinsam hatten: Sie waren alt, günstig und meistens in extrem schlechtem Zustand. Nach intensiver Suche fand Andri „Paolo Mafiat”, unseren jetzigen Fiat Ducato. Mit Baujahr 2006 ist er auch nicht mehr ganz jung, komplett leer und als ehemaliges Baustellenbüsschen (ja, Diminuitiv, denn mit seinen 5 Metern Länge passt er in jede Parklücke) etwas heruntergekommen. Aber verglichen mit anderen Angeboten ist er noch gut in Schuss. Als Digital Natives haben wir den Umbau am Computer gestartet: Andri hat ein 3D-Modell vom Bus erstellt und wie damals in Sims Möbel platziert, verschoben und neu gedacht. Und kurz darauf ging es los mit unzähligen Baumarktbesuchen und langen Tagen in der Werkstatt und der unbeheizten Holzscheune meines Vaters.
Wie hält ein Deckenschrank auch bei einer Vollbremsung? Und andere unmögliche Fragen
Bei so einem Van-Ausbau ist YouTube dein Freund und Helfer – genauso wie der Austausch mit denen, die den Umbau schon hinter sich haben. Nur so haben wir zum Beispiel erfahren, dass ein Gaskocher offiziell abgenommen werden muss (Danke Flurin!). In kürzester Zeit wird man zum «Experten» für alles Mögliche, ob man will oder nicht: Verzollung von Waren, verschiedene Klebstoffe und ihre Hitzebeständigkeit, Sägen und vieles mehr. Anmerkung: Jetzt weiss ich auch, warum man vom Versagen spricht. Egal wie oft und wie genau man misst, man wird Holz zerschneiden und sich ärgern. Trust me!
Motorfahrzeugkontrolle – so anspruchsvoll wie das stolperfreie Lesen des Wortes
Je näher der MFK-Termin rückte, desto länger wurden unsere Arbeitstage. Nicht selten waren wir erst um 23 Uhr oder sogar erst um Mitternacht zu Hause. An manchen Tagen ging es rasant voran, an anderen machten wir drei Schritte zurück. Da wir Paolo als Wohnmobil und nicht als Lieferwagen zulassen wollten, mussten wir uns an die Ausbauvorschriften des Strassenverkehrsamtes halten. So kam es unter anderem, dass wir uns definitiv für einen Benzinkocher und nicht für einen Gaskocher entschieden haben. Allein die nötige Gasprüfung hätte 140.- gekostet und wir hätten einen Spezialisten für den Leitungsbau engagieren müssen. Aber der Aufwand hat sich gelohnt – zur positiven Überraschung von uns allen (inklusive unseres Automechanikers, haha) ist Paolo ohne Beanstandung durch die MFK gekommen. Yeeeeeeeey!
Learnings aus dem Van-Ausbau
- Mit einer guten Planung ist der halbe Camper-Umbau schon gemacht: Mit einer einfachen 3D-Scan-Applikation für das Handy hat Andri ein 3D-Modell von unserem Fiat-Innenraum erstellt. Dann konnten wir mit der kostenlosen Software Fusion 360 mit der Planung beginnen. Das Modell war auf 1-2 cm genau und somit sehr zuverlässig.
- Schätze wie lange XYZ dauern wird und nimm das Doppelte – dann liegst du ziemlich richtig… (Wir dachten übrigens, dass wir den Umbau in drei Wochen schaffen würden) 😀
- 95% der Zeit fand ich den Umbau unglaublich bereichernd und spannend: Nicht jeder kann von sich behaupten, selbst Schubladen gezimmert oder einen Abfluss installiert zu haben. Und vor allem in den restlichen 5% der Zeit war ich unendlich froh, dass ich den Umbau zusammen mit Andri machen konnte. <3
- Gutes Werkzeug macht die Arbeit so viel einfacher: Mit einem guten Werkzeugkoffer, einer Stichsage und einer Bohrmaschine kannst du deinen Camper zu ca. 93% umbauen. Viel mehr braucht es nicht.
- Zeitweise verfluchst du wahrscheinlich deine Entscheidung, alles komplett selbst umzubauen. Aber in diesen sechs Wochen habe ich mehr gelernt zu Projektmanagement und praktischen Skills als in manch einer Weiterbildung möglich wäre.
- Von all den gemachten Aufgaben gibt es nur eine, die ich zukünftig auslagern würde: Folien an den Fenstern anbringen… Ich bin geduldig, aber nicht dafür. Keine Chance.
Du planst deinen eigenen Umbau und hast noch Fragen? Oder hast du deinen Camper-Ausbau schon hinter dir? Hinterlasse gerne einen Kommentar mit deinen Fragen oder teile deine eigenen Erfahrungen. Ich freue mich, von dir zu hören!