20 Erkenntnisse vom Leben auf der Strasse

4+ Monate unterwegs nach Asien

von Nadja Osterwalder
1 Kommentare
Junges Paar vor einer kirgisischen Passtafel

Eigentlich hätte dieser Blogbeitrag anlässlich unserem 3-Monate-Meilenstein veröffentlicht werden sollen… Wie das auf einer solchen Reise eben so ist, kamen aber plötzlich viele andere Dinge auf, die unsere Aufmerksamkeit beanspruchten. Nicht weniger wahr, einfach etwas später also 20 grosse oder kleine Erkenntnisse von unserer (Van)reise nach Südostasien.

  1. Pastasalat wird absolut unterbewertet und ist der heimliche Star unserer Reise. Ich habe vor dieser Reise noch nie selber Pastasalat zubereitet. Schocker, gell? Und ich muss sagen, ich habe etwas verpasst. 😀
  2. Es ist erschreckend, wie oft wir hunderte Kilometer fahren und keinen blassen Schimmer haben, was das Tempolimit in einem Land ist. Aber hey, bisherige Geschwindigkeitsbussen: 1. (Man munkelt, dass das damit zu tun hat, dass die Behörden uns oft keine zustellen können…)
  3. Trockentrenntoiletten halten nicht was sie versprechen. Sie stinken, spätestens bei 30 Grad Aussentemperatur. Change my mind.
  4. Ich vermisse das Einkaufen in grossen Lebensmittelläden mehr als eine normale Dusche zu haben. Gleichzeitig fällt mir auf, dass der Vormarsch von Aldi, Lidl und Kaufland auch schlechtes mit sich bringt. Egal wo auf unserer Reise wir auf diese Ketten gestossen sind, war das Einkaufserlebnis angenehm, aber auch immer gleich. Die lokale Vielfalt geht komplett verloren. Ein Regal mit lokalen Lebensmitteln wird der Diversität der Kulinarik der jeweiligen Länder nicht gerecht.
  5. Wir fühlten uns in unserem Camper im Balkan und noch weiter östlich sicherer als in Italien. Mit offener Hecktür schlafen um in einer heissen Nacht etwas Wind zu geniessen? Kein Problem. Schon schräg, dass wir uns, in den bei uns als unsicher geltenden Ländern, wohler fühlen.
  6. Dieses Gefühl der Sicherheit ist ein fragiles Gedankenkonstrukt. Das merken wir, als in einer grossen WhatsApp Reisecommunity gleichzeitig zwei Reisende im Iran gesucht werden. Wir fühlen uns bestätigt in unserer Entscheidung stattdessen die nördliche Route durch Russland zu nehmen.
  7. Darf man uns jemals wieder auf Schweizer Strassen lassen? Rechtsüberholen, über doppelte Sicherheitslinien fahren und Hupen sind auch für uns völlig normal geworden.
  8. Irgendetwas gibt es immer zu reparieren und die Dinge, die wir dann «später noch fertig machen können» sind noch immer nicht umgesetzt. Fühlt es sich so an ein Haus zu bauen respektive zu besitzen?
  9. Reisen zeichnet sich durch die kleinen und grossen Begegnungen aus. Und nicht selten können flüchtige Begegnungen einen riesigen Einfluss auf die weitere Reise haben. Erfahren, dass die Visum-Beantragung in Armenien viel einfacher geht als in Georgien, haben wir nur, weil wir in der Türkei an einem heissen Tag angehalten haben, um zwei Radreisenden etwas kaltes Wasser zu schenken und so ins Gespräch gekommen sind.
  10. Die Schweiz ist gar nicht so teuer, wie alle (inklusive mir bis vor kurzem) immer behaupten.
  11. Auf einer Weltreise ist man gar nicht so frei, wie man vielleicht meinen könnte. Visum müssen teilweise Monate im Voraus beantragt werden und stecken so einen genauen Zeitrahmen. Weiter sind Grenzen nicht immer geöffnet oder für Ausländer geschlossen und klimatische Bedingungen sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. Aber beschweren möchten wir uns dennoch nicht… 😉
  12. Ich habe eine nie dagewesene Dankbarkeit für die offenen Grenzen im Schengenraum entwickelt. Ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Tage (!) wir bereits mit dem Warten an Grenzen verbracht haben.
  13. WO BLEIBT DIE ZEIT?? Es ist eindrücklich, wie viel Zeit benötigt wird für das Decken der eigenen Grundbedürfnisse wie Schlafen, Essen beschaffen und zubereiten usw.
  14. Wir haben weniger als je zuvor, mehr als die meisten Menschen die wir treffen auf dieser Reise. Und wenn wir alle paar Wochen wieder einmal auf Camper-Reisende wie uns treffen, sind es in 90% der Fälle Deutsche, 8% Tschechen (meistens auf Motorrädern) und 2% Schweizer. Wir haben wirklich ein Schei** Glück in einem so wohlhabenden Land geboren zu sein… :›)
  15. Auch an den mühsamen Tagen ist es die Reise absolut wert und es ist unglaublich schön ein solches Abenteuer zu zweit zu unternehmen. Alleine kommt man mehr an seine Grenzen, lernt aber mehr Menschen und sich selbst besser kennen.
  16. 95% der Hauptverkehrsachsen sind in extrem gutem Zustand. Klar gibt es das ein oder andere Schlagloch, aber wir sind immer wieder aufs neue überrascht, wie gut ausgebaut das Strassennetz ist.
  17. Es ist faszinierend und erschreckend zugleich, wie stark der Defekt eines kleinen Autoteiles unsere Reise völlig auf den Kopf stellen kann. Die gewonnene Freiheit mit dem eigenen Camper unterwegs zu sein, kriegt in solchen Fällen rasant Grenzen gesteckt. 😉
  18. Wir Schweizer sind knausrig mit Unbekannten: egal ob mit unserer Zeit oder unseren Besitztümern. Deshalb wollen wir nach unserer Rückkehr mehr Fremde, Reisende oder wie man sie auch nennen mag, auf eine Tasse Tee oder ein Glas Wein bei uns zuhause einladen. Oft sind es diese kleinen Gesten, über die wir uns Wochen später noch freuen.
  19. Einheimische wissen stets, wo es oder was gut ist, ausser es geht um gegärte Stutenmilch. Die ist schrecklich, auch wenn alle Kasachen und Kirgisen etwas anderes behaupten, haha.
  20. Vor dieser Reise hatte ich Angst, was zukünftige Arbeitgeber wohl sagen würden, wenn ich nach einer solch langen Pause eine neue Stelle suche. Jetzt spüre ich, dass ich während dem Reisen so viele wertvolle Erfahrungen und Fähigkeiten aufschnappen kann, die ich in keiner Weiterbildung hätte lernen können und mir im Berufsleben dennoch helfen. Mit dieser Realisation ist auch diese Angst verflogen. Und wenn ich mich selbst davon überzeugen konnte, werde ich auch einen potenziellen Arbeitgeber für diese Sichtweise gewinnen.

1 Kommentare

Marina 20. September 2024 - 8:14

bin immer fasziniert von deinen berichten. ich fühle mich dabei, auf eurer reise. spannend!

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